91
keine Münzen, ja nicht einmal ordentliche Wohnungen und Kleider.
Sie wohnten in Höhlen und Hütten, die sie aus Baumstämmen er-
bauten und mit Rasenstücken oder Thierfellen bedeckten. Die Häute
von Thieren, die sie auf der Jagd erlegt hatten, dienten ihnen als
Kleider und zur Nachtzeit als Betten. Sie scheuten die Arbeit und
lagen oft ganze Tage aus ihrer Bärenhaut in ihren Hütten, woher
es auch kommt, daß man jetzt noch einen faulen Menschen einen
Bärenhäuter nennt.
Die angenehmste Beschäftigung war für sie die Jagd; auch
liebten sie das Spiel so sehr, daß Mancher all' seine Habe, seine
Waffen, seine Kinder, ja sogar seine eigene Freiheit verspielte und
dem Gewinnenden willig als Sklave folgte. Auch die Liebe zum
Trünke war ein Hauptfehler unserer Vorväter. Man bereitete näm-
lich schon damals aus Gerste ein dem Bier ähnliches Getränke, mit
welchem sie sich öfters berauschten. — Bei diesen Fehlern besaßen
die alten Deutschen aber auch eben so große Tugenden. Ihre Auf-
richtigkeit, Redlichkeit und Treue dürften uns jetzt noch zum
nachahmungswürdigen Muster dienen. Nie brach der deutsche Mann
sein Wort; es wurde treuer gehalten, als jetzt manchmal der hei-
ligste Eid. Die Tapferkeit unserer Väter, bei ihrer körperlichen
Größe und Stärke, machte sie gefürchtet und berühmt bei allen um-
wohnenden Völkern.
«schon im Jahre 113 v. Chr. wollten mehrere germanische
Volksstämme in das römische Gebiet eindringen, um ihre rauhe und
kalte Heimat mit wärmeren und gesegneteren Gegenden zu vertau-
schen. Die Römer geriethen in Schrecken über das Aussehen und
die Tapferkeit dieser Barbaren, wie sie die Germanen nannten.
Fünf gegen sie gesandte römische Heere wurden geschlagen und un-
aufhaltsam drangen die Deutschen vorwärts. Da rettete Marius,
ein rauher, kriegerischer Mann, das Vaterland. Er schlug die Teu-
tonen bei Aquä Sextiä (jetzt Aip in Südfrankreich) und ein Jahr
später die Cimbern in der Gegend von Verona, und Rom war
von der drohenden Gefahr wieder befreit.
Dies sind die ältesten Nachrichten, die wir über das deutsche
Volk besitzen. Als Cäsar Gallien unterworfen hatte, gieng er selbst
zwei Mal über den Rhein, um Gallien gegen die Einfälle der ge-
fährlichen Nachbarn zu schützen. Er schätzte die Deutschen wegen
ihrer Treue und Tapferkeit und nahm Viele von ihnen gegen die
Gallier und nachher gegen andere Feinde Noms in Sold. Als aber
Augustus die Herrschaft über die Römer erlangt hatte, ließ er Fe-
stungen am Rhein anlegen, und Drusus, sein Stiefsohn, machte
bedeutende Eroberungen im Westen und Norden Deutschlands. Nach
ihm führte Tiberius zwei Jahre lang den Oberbefehl über das
römische Heer in Deutschland. Er suchte die Deutschen mehr durch
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T55: [Rom Krieg Römer Jahr Heer Cäsar Hannibal Pompejus Marius Schlacht]]
TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Extrahierte Personennamen: Marius Marius Cäsar Augustus Drusus Tiberius
Extrahierte Ortsnamen: Südfrankreich Verona Rom Gallien Rhein Gallien Rhein Deutschlands Deutschland
102
35. Karl der Große.
Pipin starb zu Aachen im Jahre 768 und hinterließ das
Reich seinen beiden Söhnen Karl und Karlmann. Als aber
Letzterer schon im dritten Jahre nach des Vaters Tod gleichfalls
starb, wurde Karl der alleinige Regent der großen Monarchie.
Dieser Fürst ist einer jener außerordentlichen Männer, die unsere
Bewunderung rmd unsern Dank zugleich in Anspruch nehmen und
deren Fehler und Schwächen man bei ihren überwiegenden Verdien-
sten gerne vergißt. Schon seine äußere Gestalt gab den Herrscher
zu erkennen. Er maß sieben Fuß; sein Leib war vollkräftig und
ebenmäßig, sein Auge groß und lebhaft, seine Stirne breit, seine
Haare blond. Bei Tisch war er mäßig, und mehr als Speise und
Trank behagte ihm während des Mahles das Saitenspiel oder die
Vorlesung der Thaten alter Helden. In Führung der Waffen, im
Jagen, Reiten und Schwimmen galt er für den Besten der Franken.
Unablässig war er bemüht, sich und sein Volk auszubilden und seine
Kenntnisse zu vermehren; deshalb gieng er gerne mit gelehrten Män-
nern um und lernte selbst noch im Alter schreiben. Mit größter
^ Sorgfalt betrieb er die Erziehung der Jugend und legte nicht nur
* in Städten und Klöstern, sondern auch in Dörfern Schulen an, die
er öfters selbst besuchte, um sich von den Fortschritten der Schüler
zu überzeugen.
Als Karl nun einst bei einem solchen Besuche wahrnahm, daß
die Kinder der Reichen meistens faul und unwissend, die der Ar-
men aber fleißig und geschickt waren, stellte er diese zur Rechten
und jen-e zur Linken und sprach zu den Kindern der Armen:
„Ihr lieben, guten Kinder armer Leute, der allmächtige Gott
wolle euern Verstand und euern Fleiß segnen und vermehren! Fahret
fort wie ihr angefangen k>abt und lasset die Furcht Gottes in euern
Herzen wohnen, so will ich euch ein guter und gnädiger Herr seyn
und euch einst mit Gut und Ehrenstellen lohnen." Darauf wandte
er sich aber zürnend zu denen, die zur Linken standen und sprach
mit donnernder Stimme: „Ihr aber, ihr geputzten, zarten Herrlein,
die ihr auf den Glanz und den Reichthum eurer Eltern stolz seid
und den Müßiggang und andere Laster den Wissenschaften und der
Tugend vorzieht; bei dem König des Himmels! wofern ihr eure
Faulheit nicht bald durch Fleiß wieder gut macht, so werdet ihr an
mir einen strengen Richter finden."
Karl bewies sich als Regent besonders thatkräftig. Schon
früher hatten nämlich die neben den Franken wohnenden Sachsen
wiederholte Einfälle in das fränkische Reich unternommen; er hatte
sie deshalb mehrere Male hart gezüchtigt; aber dennoch erhoben sie
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T118: [Karl Ludwig Reich Sohn Lothar König Lothringen Frankreich Herzog Tod], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karlmann Karlmann Karl Karl Karl Karl Karl Karl
105
Reich zu regieren. Heinrich wurde wirklich gewählt und die Ge-
sandtschaft, die ihm die Nachricht von seiner Erhebung auf den
deutschen Kaiserthron brachte, traf ihn, als er sich eben mit dem
Vogelfang beschäftigte, woher er auch den Beinamen „der Finkler"
oder „der Vogler" erhielt. Wir lernen ihn aus den folgenden Er-
zählungen näher kennen.
36. Heinrich der Vogelsteller.
Ballade.
Herr Heinrich sitzt am Vogelherd, recht froh und wohlgemuth;
Aus tausend Perlen blinkt und blitzt der Morgenröthe Gluth.
In Wies’ und Feld, in Wald und Au, horch, welch’ ein süsser Schall!
Der Lerche Sang, der Wachtelschlag, die süsse Nachtigall.
Herr Heinrich schaut so fröhlich drein: „Wie schön ist heut die Welt!
„Was gilt’s, heut’ giebt’s ’neu guten Fang!“ — Er lugt zum Himmelszelt:
Er lauscht und streift sich von der Stirn das blondgelockte Haar;
„Ei doch! was sprengt denn dort hervor für eine Reiterschaar?“
Der Staub wallt auf, der Hufschlag dröhnt, es naht*der Waffen Klang;
„Dass Gott, die Herrn verderben mir den ganzen Vogelfang!
„Ei nun, was giebt’s?“ — Es hält der Zug vor’m Herzog plötzlich an;
Herr Heinrich tritt hervor und spricht: „Wen sucht ihr Herrn? sagt an!“
Da schwenken sie die Fähnlein bunt und jauchzen: „Unsern Herrn!
„Hoch lebe Kaiser Heinrich, hoch, des Sachsenlandes Stern!“
Sich neigend knien sie vor ihn hin und huldigen ihm still,
Und rufen, als er staunend fragt: „'S ist deutschen Reiches Will !“
Da blickt Herr Heinrich tiefbewegt hinauf zum Himmelszelt:
„Du gabst mir einen guten Fang; Herr Gott, wie dir’s gefällt!“ (Bogl.)
37. Heinrich I. und seine Gemahlin Mathilde. .
Heinrich I., geb. 876 und seit 918 König der Deutschen,
war nicht blos durch Klugheit, Thätigkeit und Tapferkeit
ausgezeichnet, sondern noch herrlicher durch Vaterlandsliebe,
Biederkeit und Frömmigkeit. Schon sein Aeußeres, eine schöne,
kräftige Gestalt, sprach für ihn; aber eine noch eindringendere Ge-
walt auf menschliche Gemüths hatte seine offene Geradheit
und seine zuvorkommende Freundlichkeit. In seinem Beginnen
war überall Kraft und Besonnenheit sichtbar, und dabei war er ein
Muster weiser Mäßigung: streng, wo Strenge nöthig war, aber nie
hart, wo er durch Güte zu seinem Zwecke gelangen konnte. Als
Beispiel führen wir nur Folgendes an:
Er war nur erst von den Sachsen und Franken, nicht aber
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Gott Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich_I. Heinrich_I. Mathilde Heinrich_I. Heinrich_I.
106
von den Schwaben, Bayern und Lothringern als König
anerkannt worden. So konnte es, ohne Entwürdigung der deutschen
Krone, nicht bleiben, und Heinrich fühlte, daß er mit der Königs-
würde auch die Verpflichtung übernommen habe, an der Eintracht,
Sicherheit und Wohlfahrt Deutschlands zu arbeiteu. Wie er nun
in der Folge Lothringen theils durch Waffengewalt, theils durch
gütliche Unterhandlungen wieder an Deutschland brachte, eben so
suchte er jetzt vor Allem Schwaben und Bayern zum Gehorsam zu
bringen. Der Herzog Burkard von Schwaben ward überrascht
und Heinrich wendete sich nun nach Bayern, wo Herzog Arnulf den
Königstitel angenommen und das feste Regensburg mit seinen Man-
nen besetzt hatte. Heinrich kam dahin, aber ehe er Gewalt brauchte,
suchte er das Herz des kräftigen Herzogs durch freundliches Zureden
zu gewinnen und lud denselben daher zu einer Unterredung ein.
Arnulf erschien, und Heinrich nannte ihn Bruder und Freund, er-
innerte ihn an die Gefahren, die innerer Zwiespalt dem ohnehin
von außen bedrohten Vaterlande bringen könnte, und bat ihn innigst,
abzustehen von aller Widersetzlichkeit und sich mit ihm zum Heil des
Vaterlandes zu vereinigen. „Dieß Heil," sagte er, ist mein einziges
Absehen, nicht aber mich zu erheben oder Jemand Etwas wegzu-
nehmen, am wenigsten dir." Diese treuherzigen Vorstellungen fan-
den Eingang. Arnulf anerkannte Heinrich als König, behielt da-
gegen sein Herzogthum und blieb zeitlebens der treueste Vasall.
Unermüdet thätig für das Beste Deutschlands zog er immer
umher und untersuchte mit eigenen Augen, was der Umänderung
und Besserung bcburftc Wie erfolgreich sein patriotischer Eifer war,
beweist die Ruhe, deren sich Deutschland unter ihm erfreute, der
Sieg über die Ungarn, den es durch ihn erhielt und der Wohlstand,
zu dem es durch seine weise Regierung emporstieg.
Aber auch in seinem Privatleben erscheint Heinrich höchst ach-
tungswürdig. Mit inniger Liebe war er seiner Gemahlin Ma-
thilde ergeben; seinen Kindern war er ein sorgsamer Vater,
seinen Freunden ein treuer Freund. Er war munter und ge-
sellig, liebte die Jagd, ein fröhliches Gastmahl und heitere Scherze;
aber nie verletzte er dabei seine Würde, nie verschwendete er seine
Güte an Unwürdige.
Unter seinen Söhnen schien ihm der kräftige Otto der Regie-
rung am fähigsten, und er empfoljl daher denselben den Fürsten
Deutschlands aus einer Versammlung zu Erfurt zu seinem Nach-
folger. Dies Werk der Vatcrliebe und Regentcnsorgfalt war sein
letztes auf Erden. Bald daraus starb er zu Memleben an der
Unstrut, 60 Jahre alt, werth der Thränen, die bei seinem Tode ge-
weint wurden, und des Nachruhms, der ihm unvergänglich blüht.
An dieses Gemälde reihen wir an:
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Burkard_von_Schwaben Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Otto
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Bayern Deutschlands Lothringen Deutschland Bayern Deutschlands Deutschland Ungarn Deutschlands
121
Und wie der fromme Bischof sie auf das Haupt ihm legt,
Und Jedem wohl vor Freude das Herz im Busen schlägt;
Da nah’n dem neuen König an dem Altare gleich
Die Bitter, Herrn und Fürsten, die kühren in dem Beich*),
Den Lehnseid ihm zu leisten, den Jeder gerne schwört,
Den Jeder schon im Herzen ihm freudig hat gewährt.
1 Und wie er will empfangen auf’s Scepter ihren Eid,
Da, sieh, das ist vergessen, ist nicht zum Dienst bereit.
Basch langt er nach dem Kreuze und nimmt es vom Altar,
Und reicht es mit den Worten des Reiches Fürsten dar:
„Dies Zeichen hat erworben das Heil der ganzen Welt,
„Das sei nun statt des Scepters, wenn’s euch, ihr Herrn, gefällt!“
Und es gefiel wohl Allen, und freudig schwuren All, —
D’rauf „Heil dem frommen König!“ ertönt’s mit Einem Schall.
(Frankl.)
Rudolph war vor Allem bemüht, das gesunkene kaiserliche An-
sehen Wieder herzustellen. Er nöthigte viele Große, die widerrechtlich
eingezogenen Reichsgüter wieder herauszugeben, verkündigte einen all-
gemeinen Landfrieden und strafte besonders die Raubritter mit
aller Strenge. In Schwaben ließ er 5, in Thüringen aber 66 Raub-
schlösser niederreißen, und 29 Räuber, die zu Ilmenau gefangen
wurden, hinrichten. Er schrieb an die deutschen Fürsten, daß es sein
Vorsatz sei, Ordnung und Ruhe in dem lang zerrütteten deutschen
Reiche wieder herzustellen und den Unterdrückten Schutz und Sicher-
heit wider die Gewaltthätigkeiten der Mächtigen zu verschaffen. Nun
richtete Rudolph seine Macht gegen den stolzen und mächtigen Otto-
k a r, König von Böhmen und Mähren und Herrn von Steyermark,
Kärnthen und Kram, der sich weigerte, ihn als Kaiser anzuerkennen.
Sein Uebermuth wurde jedoch hart gezüchtigt, indem er bei diesem
Anlasse Schlacht und Leben verlor. Böhmen und Mähren gab
Rudolph dem Sohne des Erschlagenen; Oesterreich aber, sowie
Steyermark und Krain verlieh er mit Einwilligung der Reichs-
fürsten seinen eigenen Söhnen Albrecht und Rudolph und wurde so
der Stammvater des österreichischen Kaiserhauses.
In seinem ganzen Betragen zeigte Rudolph die Einfachheit und
Leutseligkeit eines wahrhaft großen Mannes. Er gönnte auch Leuten
vom niedrigsten Stande Zutritt zu ihm. Als seine Diener einst
einen armen Mann, der zu ihm zu kommen suchte, abweisen wollten,
sagte er: „Bin ich darum König der Deutschen geworden, um mich
vor ihnen zu verbergen?" — Nur vor Schmeichlern befahl er die
*) Kühren, so viel als wählen, daher der Name Kurfürsten.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz]]
Extrahierte Personennamen: Rudolph Rudolph Rudolph Albrecht Rudolph Rudolph
124
Statt Frieden bring' ich dir Botschaft von naher Kriegesgefahr;
So stell' ich denn 'hier auf's Neue mich willig den Banden dar."
Erstaunt betrachtet ihn Ludwig, das Aug von Rührung genäßt;
Dann stürzt er ihm an den Busen und liebend umschlingt er ihn fest:
„O Friedrich, fort mit dem Haffe! Sei fürder mein Bruder und Freund,
„Und sei'n wir auf Einem Throne, zwei Herrscher in Liebe vereint."
Von dieser Zeit an lebten die beiden Regenten wie Brüder mit
einander; sie aßen an Einem Tische, schliefen in Einem Bette,
hielten miteinander gemeinschaftlich Gericht, und wenn der Eine ab-
wesend war, so beschützte und behütete der Andere mit Sorgfalt und
Treue sein Land.
— Und bald durcheilte die Kunde das staunende Vaterland:
„Die beiden Kaiser umschlinge der traulichsten Freundschaft Band;
„Sie schlummern auf Einem Lager, sie wechseln die Becher beim
Mahl;"
Drum tönte vom Lobe der Treue die Hütt' und der Fürstensaal.
49. Kaiser Maximilian I.
1493-1519.
Nach einer 53jährigen Regierung hinterließ Ferdinand Iii. den
Thron seinem ritterlichen Sohne Maximilian I. Dieser war
ein ungemein thatkräftiger Mann. Ausgezeichnet durch ungewöhn-
liche Gaben des Körpers und Geistes, vereinigte er mit gewaltiger
Stärke und Gewandtheit die liebenswürdigsten Eigenschaften: Gnt-
müthigkeit, Freundlichkeit, Offenheit, Redlichkeit und heitern Sinn.
Ueberaus lebhaft, thätig, ruhmbegierig und bis zur Verwegenheit
kühn, fühlte er sich zu dem Manigfaltigsten hingezogen, am meisten
zu dem Außerordentlichen, Abenteuerlichen und Gefahrvollen. Er
hatte Vergnügen daran, mit der Gefahr zu scherzen und, gleich den
Helden des Alterthums, mit Ebern, Bären und andern wilden Thie-
ren zu kämpfen. Er war der kühnste Jäger und verfolgte die Gem-
sen und Steinböcke bis auf die höchsten Gipfel der Berge und
Felsen, wobei er einst auf der Martinswand oder dem Zierlberg an
der Straße nach Insbruck so sehr in Gefahr gerieth, daß Jeder-
mann seine Rettung für unmöglich hielt. Er hatte sich nämlich in
ungeheurer Höhe, bei der Verfolgung einer Gemse, so verstiegen,
daß er nicht weiter vorwärts noch rückwärts konnte. Man sah den
Kaiser, aber Niemand wußte ihm zu Hilfe zu kommen, auf die er
zwei Tage lang vergebens hoffte. Er bereitete sich zum Tode und
rief herab, daß man ihm das hochwürdigste Gut wenigstens von
ferne zeigen möchte, und er es geistigerweise als letzte Wegzehrung
empfangen könne. Das heilige Sakrament wurde in Prozession
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Maximilian_I. Ferdinand_Iii Ferdinand Maximilian_I.
141
geachteten Königin und eines hilfsbedürftigen Kindes das Rechts-
gefühl eines biedern Volkes.
Jetzt nahm sich auch England der österreichischen Sache an,
und als auch Rußland sich für dieselbe erklärte, so erhielt sie im
Frieden zu Aachen alle ihre Erblande (mit Ausnahme von
Schlesien) zurück, und ihr Gemahl Franz 1. wurde zum Kaiser er-
wählt (1745).
Um das verlorne Schlesien wieder zu gewinnen, gieng Maria
Theresia ein Bündniß mit Sachsen und Rußland gegen Fried-
rich Ii. ein. Es entspann sich ein Krieg, der nach seiner Dauer
von 1756—1763 der siebenjährige genannt wird, einer Million
Menschen das Leben kostete und dennoch keiner der streitenden Mächte
eine Gebietsvergrößerung verschaffte. Nachdem Kaiser Franz 1.
1765 gestorben war, folgte ihm sein Sohn Joseph Ii. als deutscher
Kaiser, und nach dem Tode seiner Mutter, der großen Maria
Theresia, erhielt er auch die Alleinherrschaft über seine Erblande.
Ausgestattet mit trefflichen Naturanlageik und voll glühenden
Eifers für das Wohl seiner Völker, suchte er vielerlei Mißbräuche
abzuschaffen, hob die Todesstrafe und die Leibeigenschaft auf, ver-
besserte die Rechtspflege und wollte überhaupt das Gute; aber er
wollte es auf seine Weise und nach seiner Einsicht; dabei wählte
er nicht nur häufig die verkehrtesten Mittel, sondern er ließ sich in
seinem Feuereifer selbst zu offenbaren Ungerechtigkeiten hinreißen, in-
dem gar viele feiner Anordnungen tief in die religiösen und poli-
tischen Rechte und Freiheiten seiner Völker eingriffen. Diese erhoben
sich; die Ungarn wollten sich ihre Sprache und Sitten, die Belgier
ihre religiösen Einrichtungen nicht nehmen lassen, und in andern
Provinzen glimmte das Feuer unter der Asche. Da erkannte Jo-
seph, daß er geirrt und seine Lebensaufgabe verfehlt habe. Er
wandte sich an das tiefgekränkte Oberhaupt der Kirche, bat dasselbe
um Vermittlung, und der Papst schrieb an die Aufständischen; allein
es war zu spät, denn ganz Belgien war bereits in der Gewalt der
Aufrührer. Schlag auf Schlag traf nun den Kaiser; er selbst litt
an einer unheilbaren Krankheit, verlor seine geliebtesten Verwandten
durch den Tod und war unglücklich in seinen Kriegsunternehmungen.
Tief gebeugt durch all' Dieses fand er nur noch Trost in der Re-
ligion. Nachdem er längst schon jede Hoffnung zur Genesung auf-
gegeben hatte, verlangte er selbst bei vollem Bewußtseyn die heiligen
Sakramente. Trotz seiner körperlichen Entkräftung ließ er sich an-
kleiden, gieng, um feinen Glauben und feine Ehrfurcht gegen Gott
an den Tag zu legen, im vollen kaiserlichen Ornate dem hochwür-
digsten Gute entgegen und empfieng es mit allen Zeichen der innig-
sten Andacht. Er starb den 20. Februar 1790.
Ihm folgte sein Bruder Leopold Ii., Großherzog von Toskana,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T150: [Maria König Theresia Kaiser Franz Karl Friedrich Joseph Frankreich Sohn], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Franz_1. Franz Maria
Theresia Maria Theresia Franz Franz Joseph_Ii Maria
Theresia Maria Theresia Leopold_Ii Leopold
150
klärt; die meisten Regenten erhielten die ihnen früher entrissenen
Länder wieder; Sachsen aber, dessen König zu lange an Napoleon
hieng, mußte einen großen Theil seines Landes an Preußen abtreten;
Oesterreich bekam die Lombardei, Jllyrien und Dalma-
tien, und so wurde endlich die Ruhe nach einer langen Reihe von
Jahren wieder hergestellt.
63. Die neueste Leit.
Von jetzt an genoß Deutschland lange Jahre die Segnungen
des Friedens. Handel und Gewerbe hoben sich wieder, und unser
theures Vaterland begann sich wieder aus der Armuth empor zu
arbeiten, in welche es durch die vielen Kriegsjahre gestürzt worden
war. Der steigende Wohlstand des Volkes führte aber auch nach
und nach die untern Volksklassen zur Ueppigkeit und Genuß-
sucht, sowie zu einem übertriebenen Lupus. Nur Wenige blieben
den einfachen Sitten unserer Voreltern treu, man suchte ein behag-
liches und bequemes Leben zu führen, kleidete sich über seinen Stand,
scheute die Arbeit und gieng dadurch aufs Neue der Verarmung
entgegen. Es regte sich an verschiedenen Orten ein Geist der Un-
zufriedenheit und Unruhe; man suchte den Grund der überhandneh-
menden Verarmung allein in den hohen Staatsabgaben und wollte
die eigene Schuld natürlich nirgends erkennen und zugestehen.
Als endlich im Februar des Jahres 1848 in Frankreich eine
neue Revolution ausbrach, erhoben sich auch die deutschen Völker.
Fast allgemein forderten sie von ihren Fürsten und Regierungen
Freiheit der Presse, allgemeine Volksbewaffnung und Ab-
schaffung des eigentlichen Militärs, Verminderung der
Abgaben u. s. w. Die meisten dieser Forderungen wurden ge-
währt; allein das Volk erwartete plötzliche Erleichterung, welche
bei der allgemeinen Creditlosigkeit nicht möglich war. Jetzt wurde
die republikanische Staatsform als die beste und beglückendste
gepriesen; aber man sprach nicht von jenen hohen Tugenden, welche
dem ächten Republikaner eigen seyn müssen, nämlich Uneigen-
nützigkeit, Redlichkeit, Selbstaufopferung für das Wohl
des Vaterlandes, Mäßigkeit und Arbeitsamkeit und vor Allem
Achtung und Gehorsam gegen das Gesetz. — Diese glänzen-
den Tugenden waren es, welche die Griechen und Römer in ihrer
Blüthezeit schmückten. Die Republik ist nicht ein wilder, gesetz-
loser Zustand, wie ihn so Manche herbeisehnten, um mit roher
Gewalt und blutbefleckter Hand das wohlerworbene Eigenthum An-
derer an sich reißen und ihre Laster ungestraft befriedigen zu können,
wie wir dieses mit Abscheu iu den Schreckenstagen Frankreichs wahr-
genommen haben. In Republiken muß das Gesetz wenigstens
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Oesterreich Deutschland Frankreich Frankreichs
57
tung mehr hat, und das jetzt größtentheils durch Engländer, Fran-
zosen, Portugiesen und Dänen beherrscht wird.
Die Lebensart der Indier, besonders der Vornehmen, ist sehr
einfach und mäßig. Die Volksmasse ist, obschon das Land Ueber-
flnß an Wildpret, Fischen, saftigen Früchten, Gewürzen und Me-
tallen hat, dennoch sehr arm. Der indische Gewerbefleiß erzeugt
vorzügliche Baumwollenstofse, Metallwaaren und Elsenbeinarbeiten.
Die Chinesen wohnen noch weiter gegen Osten, als die In-
dier. Sie waren schon in alten Zeiten ein gebildetes Volk und
kannten vielerlei Künste und Wissenschaften; allein sie sind seit langer
Zeit in denselben nicht weiter vorgerückt, weil sie von jeher den
Umgang mit andern Völkern vermieden. Um ihr Land nämlich ganz
von den Nachbarländern abzuschließen, und um sich zugleich gegen
die räuberischen Einfälle der Mongolen zu sichern, bauten sie gegen
die Mongolei und Tungnsien hin eine 300 Meilen lange Mauer.
Diese läuft über die Spitzen der höchsten Berge, zieht sich durch die
tiefsten Thäler und ist in ungeheuer großen Bogen über die breite-
sten Flüsse geführt. An wichtigen Stellen ist sie doppelt, ja manch-
mal dreifach, und von 300 zu 300 Fuß sind kolossale Thürme zur
Vertheidigung gegen die heranrückenden Feinde errichtet.
Das chinesische Reich umfaßt den zehnten Theil der ganzen
Erdoberfläche, und die Zahl seiner Bewohner macht beinahe den
dritten Theil der ganzen Menschheit ans. Es ist also nach Ruß-
land das größte Reich, enthält aber über dreimal so viele Menschen,
als jenes. Dennoch gehört China, wie fast alle asiatische Staaten,
zu den abgelebten Ländern, die ihren Glanzpunkt längst überdauert
haben.
2. Die Babylonier, Assyrer und Meder.
Die Bewohner des Landes zwischen dem Euphrat und Ti-
gris hatten lange Zeit in Friede und Ruhe, Ackerbau und Vieh-
zucht treibend, neben einander gewohnt; da fiel Nimröd, ein Enkel
von Cham, mit einer wilden Horde aus Arabien kommend, in
Babylonien ein und eroberte das Land. Dies bewog einen Theil
der Einwohner, aus dem Stamme Assur, das Land zu verlassen.
Sie zogen über den Tigris und gründeten dort das Reich Assyrien,
das jetzige Kurdistan, über welches Ninus die Herrschaft errang.
Er gründete die große Stadt Ninive und eroberte bald auch das
benachbarte Babylonien (2100 v. Chr.).
Nach seinem Tode herrschte seine Gemahlin, die durch Muth
und Klugheit ausgezeichnete S emiramis, über beide Länder. Sie
verschönerte Babylon durch die großartigsten Bauten. Die Mauern
der Stadt hatten 12 Meilen im Umfang, waren 100 Ellen hoch
und so dick, daß auf denselben drei Streitwagen neben einander
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn], T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Muth
Extrahierte Ortsnamen: Mongolei China Cham Babylonien Assur Assyrien Kurdistan Ninive Babylonien
258
5. die Markgrafschaft Mähren mit Schlesien und 6. das König-
reich Böhmen. Nebst diesen Ländern, welche zusammen etwa so
groß sind als das Königreich Ungarn, gehören zu Oesterreich noch
folgende Länder außerhalb Deutschlands Grenzen: die Königreiche Ga-
lizien, Ungarn, Slavonien,Kroatien und Dalmatien, das.moß-
sürstenthum Siebenbürgen, die Militärgrenze und Venetien.
Die rhätischen Alpen erfüllen mit ihren riesenhaften Massen
ganz Tyrol und ziehen als norische Alpen nach Steyermark,
und als karnische Alpen nach Illyrien, von wo aus sie'unter
dem Namen julische Alpen nach Dalmatien hinstreichen und
sich dort mit den dinarischen Alpen in Verbindung setzen. Böh-
men, Mähren, Ungarn und Siebenbürgen sind von
Gebirgen rings umschlossen und bilden eigentliche Kesselland-
schasten. Fruchtbare Thäler wechseln meistens mit weiten Ebenen,
reich bewaldeten Anhöhen und Gebirgen. Im Donauthale ist
das Klima sehr mild.
Die Erzeugnisse des Bodens sind sehr manigfaltig. An Ge-
treide, Obst und Wein haben mehrere Länder Ueberfluß; auch
giebt es Hopfen, Tabak, Flachs, Hanf und Holz. Salz
findet sich an vielen Orten, besonders aber im Salzburgischen
bei H allein, sowie im Salzkamm er gut bei Ischl und Hall-
stadt. Das merkwürdigste Salzbergwerk liegt in Galizien, bei
welchem Lande dasselbe näher beschrieben werden soll. An Metallen
ist der Kaiserstaat ebenfalls sehr reich, besonders an Eisen und
Kupfer. Eisenhütten trifft man vorzüglich in Steyermark, wo es
fast in allen Thälern hämmert und pocht. Gold und Silber
werden in Ungarn gefunden, und Illyrien liefert selbst das seltene
Quecksilber. Mehrere österreichische Länder haben vorzügliche
Rindvieh- und Schafzucht, und die ungarischen Pferde werden
selbst in entfernten Ländern gern gekauft.
Betrachten wir die.bewohner der verschiedenen österreichischen
Länder, so giebt sich unter ihnen allerdings eine große Verschieden-
heit kund. Im Allgemeinen sind die Bewohner der deutschen Pro-
vinzen ein kräftiger, gutmüthiger Menschenschlag, voll Treue und
Biedersinn, und besonders zeichnen sich unter diesen die Wiener
durch ihre Heiterkeit und Freundlichkeit aus. Ihre Sprache klingt
äußerst gemüthlich. — Etwa 30 Millionen der Gesammtbevölkerung
bekennen sich zur katholischen Religion.
Die Oesterreicher sind ungemein' anhänglich an das Kaiserhaus,
wogegen aber auch die Regentenfamilie gewohnter Weise Jedem mit
Freundlichkeit.und Herablassung begegnet. Kaiser Franz Ii. wurde
wie ein Vater verehrt und lebt noch immer im Gedächtnisse des
Volkes, obgleich dasselbe mit gleich großer Liebe an seinem gegen- -
wärtigen Regenten Franz Joseph hängt.
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß]]
TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Personennamen: Franz_Ii Franz Franz_Joseph Franz